Arnold-Freymuth-Gesellschaft verleiht Preise an Gerhart Baum und Bernd Wagner
HAMM – Nachhaltig legt die Arnold-Freymuth-Gesellschaft den Finger in die Wunden, die Rechtsradikale in die deutsche Demokratie zu reißen versuchen – und das seit nunmehr 20 Jahren.
Zum zehnten Mal wurde der Preis der Gesellschaft am Sonntag im Gustav-Lübcke-Museum verliehen: an Gerhart Baum und Bernd Wagner, die sich „um den deutschen Rechtsstaat verdient gemacht haben“, sagte Franz-Josef Düwell, Präsident der Freymuth-Gesellschaft.
Düwell erinnerte – wie auch viele der folgenden prominenten Redner – zu Beginn an die rechtsradikalen Ausschreitungen in Solingen, Mölln, Rostock-Lichtenhagen und Hoyerswerda: Als Reaktion auf diese „Feuerteufel-Strategie“ sei die Arnold-Freymuth-Gesellschaft gegründet worden.
Die zunehmende „Unverfrorenheit“, mit der Neonazis auftreten, nutzte Oberbürgermeister Thomas Hunsteger-Petermann für ein eindeutiges Bekenntnis: „Es darf nicht einen Zentimeter Platz für dieses braune Gesindel in unserer Stadt geben.“ Die Jury-Entscheidungen begründeten OLG-Präsident Johannes Keders für Gerhart Baum und Eberhard Weber für Bernd Wagner, beide nutzten die Gelegenheit, die Lebensläufer beider Preisträger speziell mit Blick auf ihre Verdienste um die Demokratie vorzustellen. Es folgte die Übergabe der Preise in Form eines mit jeweils 2 500 Euro dotierten Schecks sowie eines Kunstwerks (WA berichtete) von Heide Drever an Baum und Grazyna Maniecka-Gawel an Wagner.
In der Laudatio für Gerhart Baum lobte er ehemalige EU-Kommissar Günter Verheugen seinen Freund als „großen, alten Mann des Liberalismus“. Liberale Geisteshaltung sei in einer Demokratie wie dieser verbunden mit einer entschiedenen und couragierten Einstellung. Baum sei „ein Freisinniger“, bei dem die Freiheit an der Spitze der Wertehierarchie stehe. Freiheit verstehe er als gesellschaftlichen Auftrag. Dabei gelte es, Gefahren, die die Freiheit bedrohen, zu erkennen und zu bekämpfen. „Absolute Sicherheit gibt es nicht, sie wäre der Tod der Freiheit“, so Verheugen, der ausführlich auch das internationale Engagement Baums für die Menschenrechte würdigte.
Mit seinem Gruß an „die liebe, alte FDP“, sorgte der Stern-Reporter Ulrich Hauser für Schmunzeln zu Beginn seiner Laudatio für Bernd Wagner. Beide gehören zu den Mitbegründern der Organisation „Exit“, die es Rechtsradikalen ermöglicht, zurück in ein demokratisches Leben zu finden. Hauser würdigte Wagners beispielhaftes Engagement – selbst gegen Widerstände von Vorgesetzten – gegen den Terror von Rechts: Mit kaum zu glaubender Konsequenz gehe er zu den Menschen hin, setze ich Gefahren aus, um vor allem Jugendliche von ihrem Weg abzubringen. „Exit“ sei ein beispielhaftes Projekt, durch das Wagner mittlerweile rund 500 Personen aus dieser Szene geholfen habe. „Er hat tickende Zeitbomben entschärft“, so Hauser, der sich um so erstaunter zeigte, dass das Projekt immer wieder an mangelnder finanzieller Unterstützung zu scheitern droht.
Bundes-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger wies auf die wieder einsetzende Verharmlosung rechtsradikaler Tendenzen in der Gesellschaft hin und zitierte aus mehreren Studien.: „Die Stimmung gegen die demokratische Praxis, also die aktuelle Politik, bereitet den Boden für Rechtsradikalismus.“ Sie vermisse die Bindung an die Grundwerte – gerade bei der Jugend. Darum müsse Rechtsextremismus verstärkt an seinen ideologischen Wurzeln bekämpft werden. Allerdings stehe sie einem erneuten Versuch, die NPD zu verbieten, skeptisch gegenüber: „Ein erneutes Scheitern wäre eine politische Katastrophe, die unserer Demokratie substanziellen Schaden zufügen würde.“ Leutheusser-Schnarrenberger plädierte für einen „Verfassungspatriotismus“ und forderte dazu auf, „die Freiheit zu schaffen, zu bilden, zu hüten und zu verteidigen.“
Gerhart Baum und Bernd Wagner nutzten ihre Dankesworte, um nochmals ihre Aktivitäten und Anliegen darzulegen. – san