Fachtag "Familie und Rechtsextremismus"
Zum dritten Mal fand am 06. November 2013 im Landkreis Dahme-Spreewald ein Fachtag zur Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus statt – in diesem Jahr zum Thema „Familie und Rechtsradikalismus“.
Wenn sich Rechtsradikalismus einer offenen Auseinandersetzung entzieht, müssen passfähige Methoden und Strategien im Rahmen demokratischer Gegenwehr ausgelotet werden. Diesem Thema widmet sich das erste Teil des Fachtages und ging auf das Problem von Familien ein, die im rechtsextremen Milieu verhaftet sind. ErzieherInnen und LehrerInnen, die Kinder aus solchen Familien betreuen, können hier mit vielfältigen Fragen und Problemen konfrontiert werden. Nach einer Einführung in das Thema wurden die Eindrücke aus Veranstaltungen, die die ZDK Gesellschaft Demokratische Kultur gGmbH mit KiTa-Leiterinnen, Erzieherinnen und LehrerInnen sowie Fachkräften aus der Jugendsozialarbeit im Landkreis durchgeführt hat, vorgestellt und diskutiert.
Petra Wagner, Direktorin des ISTA Institut für den Situationsansatz/ INA gGmbH Internationale Akademie an der Freien Universität Berlin, Leitung Fachstelle KINDERWELTEN für Vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung), stellte in ihrem Vortrag zur “Vorurteilsbewussten Bildung und Erziehung” die Notwendigkeit der Einbettung von Kita-Arbeit in eine greifbare demokratische Kultur heraus. Insbesondere die Auseinandersetzung mit eigenen Werthaltungen und Einstellungen stelle einen wichtigen Grundpfeiler dar, der auch bei der Arbeit mit rechtsextremen Eltern Unterstützung liefern kann. Mit Praxisbeispielen verdeutlichte sie, wie Vorurteile und Stereotypisierungen schon bei Kleinkindern thematisiert werden können. Der Aussteiger Felix Benneckenstein betonte die Wichtigkeit von Ideologie sowohl bei der PartnerInnensuche in rechtsextremen Kreisen als auch bei der Erziehung von Kindern. Gleichzeitig verwies er auf die Schwierigkeiten der Arbeit mit Kindern aus rechtsextremen Familien, da diese ihre Familie insbesondere in jungen Jahren nicht als problematisch wahrnehmen würden.
In der daran anschließenden Diskussion wurde immer wieder betont, wie wichtig die Unterscheidung zwischen Kinder- und Elternarbeit in Kitas insbesondere beim Umgang mit rechtsextremen Eltern für die praktische Arbeit sei. Insgesamt wurde die Suche nach langfristigen Lösungen im Umgang mit Rechtsextremismus und menschenfeindlichen Einstellungen auch innerhalb der Bevölkerung von den TeilnehmerInnen immer wieder thematisiert.
Ein zweiter Schwerpunkt des Fachtages war die Diskussion um das geplante Asylbewerberheim in Bestensee/Pätz. Herr Heydrich vom Innenministeriums Brandenburg stellte die aktuelle Lage in Brandenburg vor. Besonders hervor hob er die Rolle und Funktion von Rechtsextremisten in Sicherheitsfirmen – auch mit Blick auf das geplante Asylbewerberheim in Bestensee/Pätz. Fabian Wichmann von EXIT-Deutschland beschrieb daran anknüpfend aktuelle Entwicklungen im Süden und Norden des Landkreises Dahme-Spreewald. Dabei ging er insbesondere auf die personelle und strukturelle Verschränkung von Freien Kräften und NPD in der Propaganda gegen Flüchtlinge im Landkreis ein.
In diesem Zusammenhang hob Landrat Stephan Loge hervor, dass die dauerhafte geistig-politische Auseinandersetzung mit Kräften, die die Grundwerte des demokratischen Lebens mit dem Kern der Freiheit und Würde jedes Menschen bekämpfen, unabdingbar ist. Gerade mit Blick auf die Entwicklungen in Bestensee/Pätz betonte er die Notwendigkeit einer gemeinsamen klaren Position gegen menschenverachtende Einstellungen, denen eine eindeutige Absage erteilt werden müsse.
Die Agitation gegen das geplante Asylbewerberheim in Bestensee/Pätz verdeutlicht die stetigen Bemühungen aus dem rechtsradikalen Lager, gesellschaftliche Bereiche gezielt zu unterwandern, um zunächst unauffällig durch „leise“ Einflussnahme ihre Ideologie zu verbreiten, gesellschaftsfähig zu machen und die Meinungsbildung zu beeinflussen, so Bernd Wagner von EXIT Deutschland.
Im ExpertInnen-Gespräch verwies Wagner darauf, dass Rechtsextreme an gesellschaftliche Konflikte anknüpfen und diese für sich nutzbar machen. Gleichzeitig verwies er auf die Notwendigkeit einer engagierten Kreisverwaltung, so wie im Landkreis Dahme-Spreewald – als guten Ausgangspunkt einer demokratischen Kultur im Rahmen einer dem Bürger zugewandter Politik. In der abschließenden Diskussion waren sich alle Teilnehmenden einig, dass das Engagement vor Ort von einer breiten Bürgergesellschaft getragen werden muss, genauso wie Medien und Politik auf kommunaler, Landes- wie auch Bundesebene in der Verantwortung stehen, demokratische Werte zu leben und zu verteidigen.
Veranstalter des Fachtags: ZDK Gesellschaft Demokratische Kultur gGmbH in Kooperation mit dem Landkreis Dahme-Spreewald