Hunderte fremdenfeindliche Übergriffe in der DDR
In der DDR hat es in den vier Jahrzehnten ihres Bestehens Hunderte Fälle von fremdenfeindlichen Übergriffen gegeben. Dabei sind nach Forschungen des Historikers Harry Waibel mindestens zwölf Menschen ums Leben gekommen. Waibel sagte dem ARD-Magazin FAKT, er könne mindestens 700 Vorfälle belegen, bei denen es gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Ausländern und Deutschen in der DDR gegeben habe. Die Zahl der dabei verletzten Menschen gehe wahrscheinlich in die Tausende. Waibel hat bei seinen Forschungen zahlreiche Akten des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) ausgewertet, in denen die Fälle dokumentiert sind.
Offiziell wurde Fremdenfeindlichkeit in der DDR laut Waibel allerdings totgeschwiegen. Für das Ansehen der DDR als antifaschistischem Staat “war das zuviel, das durfte es nicht geben”, sagte Waibel. Deshalb hätten SED- und Staatsführung Ermittlungsverfahren nach Übergriffen verboten.
Das war auch bei einer Auseinandersetzung im August 1979 in Merseburg der Fall. Damals hatten sich mehrere Vertragsarbeiter aus Kuba mit Einheimischen vor einer Diskothek eine Schlägerei geliefert. Wie ein Augenzeuge von damals dem ARD-Magazin FAKT sagte, sprangen die Kubaner auf der Flucht vor den zahlenmäßig überlegenen Gegnern in die Saale. Die Deutschen, so der Zeuge, hätten die Männer vom Ufer aus mit Steinen und anderen Gegenständen beworfen. Später wurden der 18-jährige Delfin Guerra und der 21 Jahre alte Andres Garcia tot aus dem Fluss geborgen. Die genaue Todesursache war nach Angaben der damals an der Sektion eines der Toten beteiligten Gerichtsmedizinerin Uta Romanowski nicht mehr feststellbar. Der Tote habe schon zu lange im Wasser gelegen, weshalb schließlich Ertrinken als wahrscheinliche Ursache angenommen worden sei, sagte sie FAKT.
Empfehlung:
Wagner, Bernd (2014) Rechtsradikalismus in der Spät-DDR Zur militant-nazistischen Radikalisierung in der DDR-Gesellschaft. Edition Widerschein, Berlin. Bestellen