Literaturhinweis: Reziproke Effekte auf Rechtsextreme.
Reziproke Effekte auf Rechtsextreme. Erweiterung des Modells und empirische Daten
Katharina Neumann
Die vorliegende Studie geht der Frage nach, ob reziproke Medieneffekte nicht nur bei Einzelpersonen, sondern auch innerhalb politischer Gruppierungen zum Tragen kommen. Sie untersucht dies am Beispiel der rechtsextremen Szene und fragt, welche Reaktionen durch unterschiedliche Formen der Berichterstattung über Rechtsextremismus bei den Anhängern der Szene ausgelöst werden. Die theoretische Basis der Studie bildet das Modell reziproker Effekte nach Kepplinger, wobei davon ausgegangen wird, dass sich dessen Geltungsbereich im Fall der Berichterstattung über Gruppen auch auf solche Personen erweitern lässt, die sich stark mit einer Gruppe identifizieren. Die empirische Basis der Studie bildet eine persönliche Befragung von Aussteigern aus der rechtsextremen Szene, die in Zusammenarbeit mit der Aussteigerorganisation EXIT-Deutschland (ZDK, GDK) rekrutiert und zu ihren Erfahrungen mit Medien in der Szene befragt wurden. Die Interviews zeigen, dass sich Szenemitglieder durchgängig von Berichterstattung über Rechtsextremismus betroffen fühlen und dass die für reziproke Effekte charakteristischen Verarbeitungsprozesse, wie sie im personenbezogenen Modell reziproker Effekte beschrieben werden, auch bei der Berichterstattung über Gruppen zum Tragen kommen. Diese Verarbeitungsprozesse münden u. a. in polittaktischen Reaktionen der Führungsriege auf Berichte in den Massenmedien und im Versuch, diese für ihre Zwecke zu instrumentalisieren.
This paper investigates reciprocal media effects. While evidence of these has so far been established in individuals, I claim that they may also be observed among political groups. Drawing on the model of individual-level reciprocal effects described by Kepplinger, I suggest that Kepplinger’s ideas also apply to groups involving a strong social identity. In order to investigating media effects on right-wing extremist group members, I conducted in-depth interviews with former high-ranking right-wing extremists recruited by the dropout organization EXIT Germany (ZDK/GDK). The evidence suggests that members of right-wing extremist groups feel strongly about media reports on right-wing extremism, and are personally affected by these. I argue that the chain of individual-level strong media effects described by Kepplinger may, therefore, also be applied to right-wing extremist groups and their members. These media effects even appear to cause group members to strategically react to relevant media reports, exploiting them for their political goals.