SKIN - Special Screening und Talk in Berlin
Von Aktionskreis EXIT-Deutschland
Skin – Der Film ist ein Film, der unter die Haut geht – im wahrsten Sinne des Wortes. Regisseur Guy Nattiv zeigt durch den Film, was Hass und Wut mit einem Menschen anstellen und wie schwer und gefährlich ein Ausstieg aus der rechtsradikalen Szene ist.
Am 24.09.2019 wurde der Film in einer exklusiven Preview vor Filmstart mit anschließender Podiumsdiskussion im Hackesche Höfe Kino gezeigt und mit Aussteigern aus der Neonaziszene, Fotograf Jakob Ganslmeier und Dr. Bernd Wagner und Fabian Wichmann von EXIT-Deutschland diskutiert. Das rege Interesse des Publikums bescherte dem Kino einen langen Abend, denn nach eineinhalbstunden Diskussion waren lange nicht alle Fragen geklärt.
Dabei ging es um Fragen der Authentizität des Films und das Publikum fragte sich „Wie passiert ein Ausstieg und ist dieser so schwer wie im Film gezeigt?“
Talk Gast Maik Scheffler antwortete: „Neben dem Verlust der eigenen bisherigen Identität und Werte Orientierung bringt ein Ausstieg auch die Isolation aus allen sozialen Kontakten mit sich. Ein Aussteiger steht physisch psychisch bei null. Exit-Deutschland hilft, die Ideologie und Weltanschauung in der theoretischen als auch praktischen Arbeit aufzubrechen und sich Schritt für Schritt in einem neuen sozialen Umfeld zu etablieren. Das bedarf Vertrauen auf beiden Seiten, welches ausschließlich über Augenhöhe im Umgang mit Aussteigern erreicht werden kann.
Auch die Frage nach der Verschiedenheit der Ausstiegsgeschichten oder ob sie alle ähnlich bis gleich sind kam häufig auf.
Fotograf Jacob Ganslmeier erzählt: „In meinen vielen Interviews mit Aussteigern und Aussteigerinnen, welche sich ihre Nazi- und Hass Tattoos entfernen lassen haben, konnte ich teils viele Ähnlichkeiten in der Art und Weise des Einstieges und dem Leben im Extremismus feststellen. Die Intensionen zum Ausstieg jedoch waren sehr unterschiedlich und individuell in der jeweiligen Lebenssituation, der Szene Art bzw. der regionalen Verankerung begründet.
Bei der oft gestellten Frage, …warum schließt man sich solchen Gruppen oder Parteien an, bestätigten sich sehr demonstrativ die unterschiedlichen Ursachen und Beweggründe der anwesenden Ausgestiegenen Maik Scheffler (NPD-Funktionär), Felix Benneckenstein (Liedermacher) und Falk Isernhagen (Kameradschaftler).
So erklärte Falk Isernhagen aus Berlin: „Ich suchte nach mehr Aufmerksamkeit in der Familie und im Freundeskreis. So kam ich in Kontakt mit einer Kameradschaft, die mir das Gefühl gab, dazuzugehören. Die Radikalisierung ging dann sehr schnell über die erste CD, das erste Konzert und die vielen Schulungsabende im Kameradschaftsheim.“
Felix Benneckenstein erlebte es so: „Ich wollte in meiner pubertären Phase meine Eltern provozieren. Es fing an mit einem Aufnäher „Scheiss auf Deutschland“, so kam ich zum Thema Sozialismus und kam in der Auseinandersetzung damit und dem Einfluss der ersten Rechten in meinem Umfeld auf den Trichter, der Nationalsozialismus ist das einzig wahre. Vom Provozieren ging ich über, meine eigenen Eltern missionieren zu wollen. Später drückte ich dies in meinen eigenen Liedern in den Kameradschaften aus.
Interessant war auch die Frage, wie die rechtsextreme Szene eigentlich Ausstiegsprogramme wahrnimmt und welchen Stellenwert sie haben.
Der ehemalige stellv. Vorsitzende der NPD-Sachsen erklärte: Bekannt in der Szene sind hauptsächlich der Verfassungsschutz und Exit-Deutschland. Während der Verfassungsschutz weniger als Ausstiegshilfe als eher der Spitzelgewinnung und Informationsbeschaffung wahrgenommen wird und dazu entsprechend Schulungen und Rechtsberatungen angeboten werden, ist Exit-Deutschland eine gleichermaßen gehasste wie auch gefürchtete Marke, welche ständig präsent ist und merklich aktiv direkt in den Einzugsbereichen der Szene hineinagiert. Ich habe den Eindruck, die Szene verliert lieber Leute an den Verfassungsschutz, wo die Aussteiger nach dem nötigen Erkenntnisgewinn verstummen, als an Exit-Deutschland, wo im schlimmsten Fall aus Aussteigern aktive, mit Insiderwissen bestückte Aufklärer gegen die ehemals eigene Szene werden.
Die einzige Frage die an diesem Abend offen blieb, war die Frage nach der weiteren Finanzierung von EXIT.