Wunsiedel macht aus Nazimarsch Spendenlauf.
English Version below
Wunsiedel, 15.11.2014 — Am heutigen 15. November 2014 gingen Neonazis in Wunsiedel, Oberfranken, wie jedes Jahr auf die Straße. Doch die kleine Stadt wehrte sich. Nicht mit Gewalt, sondern mit einer Idee: sie ließ die Neonazis gegen sich selbst und für den eigenen Ausstieg aus der rechten Szene laufen.
Unter dem Motto „Rechts gegen Rechts“ fand heute der unfreiwilligste Spendenlauf Deutschlands statt. Der Ort des Geschehens: Wunsiedel in Oberfranken. Trotz zahlreicher Proteste der Bürger und Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht nutzen Neonazis aus ganz Europa die oberfränkische Stadt immer wieder als “Wallfahrtsort”. Der Grund: Von 1988 bis 2011 lag hier das Grab von Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß. Die Gedenkmärsche wurden dabei zu einer festen Institution der rechten Szene.
Dieses Jahr ging Wunsiedel einen anderen Weg und machte aus dem Trauermarsch der Neonazis den unfreiwilligsten Spendenlauf Deutschlands. Ohne Wissen der Beteiligten wurden an der Demonstrationsstrecke Plakate, Banner und Bodenmarkierungen angebracht, die die Route durch motivierende Sprüche und typische Wettlaufelemente, wie Start- und Ziel-Linien, optisch in eine Sportveranstaltung verwandelten.
Plakate mit motivierenden Zeilen wie „Spenden, marsch!“ oder „Endspurt statt Endsieg“ animierten die knapp 200 Demonstranten zum Laufen — denn Laufen war die eigentliche Idee: Für jeden gelaufenen Meter gingen 10 € an EXIT-Deutschland — das Aussteigerprogramm für Neonazis. Das Ergebnis: 10.000 € und jede Menge überraschte Rechte. Die Aktion wurde ins Internet verlängert. Auf rechts-gegen-rechts.de konnte so ganz Deutschland live verfolgen, was in Wunsiedel passierte.
Die Initiative EXIT-Deutschland hilft seit 2000 den Rechtsextremisten dabei, aus der Szene auszusteigen und sich ein neues Leben aufzubauen. Eine Arbeit, die auf Spendengelder angewiesen ist. Genau aus diesem Grund wurde der Nazimarsch mit der finanziellen Hilfe zahlreicher Unterstützer in einen Spendenlauf verwandelt — und die Neonazis zu unfreiwilligen Spendern, die sich Schritt für Schritt gegen Rechts stark machten.
„Rechts gegen Rechts“ ist eine Initiative des ZDK Gesellschaft Demokratische Kultur gGmbH und wurde unterstützt von der Projektstelle gegen Rechtsextremismus Bad Alexandersbad, dem Bayerischen Verein für Toleranz, Demokratie und Menschenwürde e.V., der Aussteigerhilfe Bayern e.V., dem DGB Bayern und dem Wunsiedler Bündnis gegen Rechtsextremismus.
Ansprechpartner für weitere Informationen:
Fabian Wichmann, ZDK Gesellschaft Demokratische Kultur gGmbH, Tel: 0177 2404806
Martin Becher, Geschäftsführer des Bayerischen Bündnisses für Toleranz – Demokratie und Menschenwürde schützen und Leiter der Projektstelle gegen Rechtsextremismus, Tel: 01520 711 48 50
www.rechts-gegen-rechts.de
Wunsiedel turns neo-Nazi march into a charity run.
Wunsiedel, 15/11/14 — On today’s November 15th, 2014 neo-Nazis walked through the streets of Wunsiedel, Upper Franconia, as they do every year. But the small town defended itself. Not with violence, but with an idea: the neo-Nazis march against themselves and for their own exit from the right scene.
Under the motto “Right-wing extremists against right-wing extremists”, the most unwillingly entered charity walk in Germany took place today. The place? Wunsiedel in Upper Franconia. In spite of numerous protests by citizens and complaints to the Federal Constitutional Court, neo-Nazis from across Europe flock to the Upper Franconian town as a “place of pilgrimage” due to the fact that the grave of Hitler’s deputy Rudolf Hess was located here from 1988 to 2011. The memorial march has become one of the fixed institutions of the extreme right-wing scene.
This year, Wunsiedel decided to take a different approach and turn the funeral march of the neo-Nazis into the most unwillingly entered charity walk in Germany. Without the knowledge of participants, posters, banners and ground markings were put up all along the demonstration route, giving it the look of a sporting event, complete with motivational sayings and typical competition elements such as start and finish lines. “Donate, walk!” or “Final sprint instead of victory!” on cheerful confetti-strewn posters were intended to motivate nearly 200 demonstrators, because walking was the very idea behind it all: for every metre walked, €10 went to EXIT Germany, the exit programme targeted at neo-Nazis. The result? €10.000 and a lot of surprised right-wingers.
Ever since 2000, the initiative EXIT Germany has helped right-wingers to escape from the scene and build a new life for themselves. This work is dependent on donations. This is why a charity walk was organised with the help of numerous local supporters for the march registered to take place on 15/11/14. It had the effect of turning the neo-Nazis into donors who ended up unwittingly protesting against right-wing extremism with every step they took.
www.rechts-gegen-rechts.de